Geschwister

Geschwister und ihre Rollen: Hat es Nachteile Erstgeboren zu sein?

Erstgeborene werden immer auf eine gewisse Weise eine besondere Rolle für ihre Eltern haben, aber sie haben es dadurch auch nicht einfach. Sie sind die Ersten, unsere Ersten in ganz vielen Dingen, die auf unserer Reise als Familie auf uns zu kommen; Das hat sicher Vorteile, und genauso sicher auch Nachteile. Unsere Große hatte uns eine ganze Zeitlang alleine. Das macht ihre Beziehung zu uns und unsere zu ihr unvergleichbar intensiv. Und dann kommt das Geschwister chen, alle sind verzaubert; im besten Fall auch unser großes, von jetzt auf gleich noch größer gewordenes, Kind, und schließlich kommt die berüchtigte Entthronung. Bäm. Einmal Gefühlschaos für alle.

Je nach Abstand zwischen den Kindern und Charakter des Großkindes kann die Entthronung mehr oder weniger anstrengend ausfallen, Spuren wird sie fast sicher zeigen.

Ich muss sagen, in unserem Fall bemerke ich bis auf ein Bisschen Frust, weil das Baby mich vom spielen mit ihr abhält, wenig Eifersucht. N lässt nichts auf ihre Schwester kommen, kuschelt mit ihr und hat viel Verständnis fürs Stillen und Tragen. Sie ist aber auch vierdreiviertel Jahre älter. Und bisher ist BabyL auch noch nicht mobil, macht ihr Lego nicht kaputt, tut nichts, und fordert auch keine Spielzeit ohne ihre Schwester ein.

Was für das Erstgeborene mehr oder weniger viele Jahre Normalität war, die umzugewöhnen alle ein paar Nerven kostet, fällt fürs jüngere Geschwisterkind von Anfang an unter so einen tollen Begriff wie „Exklusivzeit“. Dafür profitieren die Kleinen von der Erfahrung und Gelassenheit, die wir durch die großen Kinder bereits haben. Oder nicht?

Erstgeborene: Alle Erziehungs-Versuchskaninchen, oder was?

Wenn Erstgeborene Geschwister werden, ist der Druck, wenn wir nicht achtsam mit ihnen sind, enorm. Sie werden über Nacht die Großen, und ob bewusst oder nicht, wir erwarten von ihnen Rücksicht und „Großsein“. Dabei sind sie noch immer klein, kein bisschen über Nacht gewachsen, und die Babyliebe geht Hand in Hand mit Eifersucht.

Das Baby demgegenüber genießt Welpenschutz. Und welches Elter hat wohl bei noch keinem Thema gedacht: Beim zweiten Kind mache ich das anders, gleich viel besser?

Hat unsere große Tochter es also wirklich schwieriger als ihre kleine Schwester?

Hand aufs Herz: BabyL erlebt zumindest in mancher Hinsicht eine gelassenere Mama als ihre große Schwester; eine die mehr Ahnung von Babies hat und keinem Fahrplan folgt. Während N erst im Beistellbett bei uns im Zimmer und eine ganze Weile sogar im eigenen Zimmer schlief, kuschelt BabyL von Anfang an mit uns allen im Familienbett. Während ich bei der Großen beim Stillen noch auf die Uhr geschaut, Abstände notiert und über alle Unregelmäßigkeiten gegrübelt habe, kann ich bei L aktuell gar nicht beantworten, wie oft wir eigentlich stillen; weil ichs so mache, wie es uns gut tut. Ob es daran liegt, dass unsere Stillbeziehung inniger ist? Auch den Beikoststart gehen wir entspannter an. Und wenn BabyL das erste Mal einen Stift zu fassen kriegt und eine Wand damit verschönert, wird dieses Malheure nicht mehr dafür sorgen, dass wir uns darüber streiten, wer hier nicht aufgepasst hätte. Wir wissen eben schon: So etwas passiert.

Das kleine Geschwisterchen: Mama mit Baby in der Trage

Besonders was unsere erziehungsfreie Haltung, unsere Werte und unser Vertrauen in die kindliche Selbstbestimmung angeht, haben sich unsere Vorstellungen mittlerweile gefestigt; was nicht heißt, dass wir stillstehen.

Wir lernen noch immer jeden Tag dazu.

Aber: Was ein Prozess war bei der Großen, der irgendwann im Laufe ihres ersten Lebensjahres überhaupt erst ins Rollen kam; also alles das also worin wir uns erst finden mussten, vom Umgang mit Medien bis zu Alternativen zum Drohen und mancher richtigen Strategie, Wut zu begleiten, alles das geht uns inzwischen routinierter von der Hand.

Und in all diese Erfahrungen wurde unser Baby geboren und läuft mit.

Sind Erstgeborene also arm dran, so etwas wie Nicht-Erziehungs-Versuchskaninchen? Die Großen, von denen immer mehr erwartet wird, und die viel mehr kämpfen müssen? Sagt man nicht auch „Kinder sind wie Pfannkuchen, das erste wird immer komisch“.

Was ist dran?

Spoiler: Erziehungsfrei ist ein Prozess, der nicht endet.

Aber ja, BabyL wird wohl Freiheiten genießen, an denen wir mit der Großen erst arbeiten mussten. Ein Trugschluss wäre allerdings, dass es der Großen damit schlecht geht.

Warum wir auf Erziehung verzichten, kannst du HIER nachlesen.

Erste Male: Wie wir mit unserem ersten Kind (über uns hinaus)wachsen

Eltern sein ist nicht einfach. Ehrlich. Mit welcher Gewalt Elternschaft über uns einbricht, können wir uns, ohne selbst Kinder zu haben, gar nicht vorstellen. Und wenn das Kind älter wird, wachsen auch die Herausforderungen. Eltern wachsen in ihre Rolle. Stück für Stück mit jeder Phase, in die das Kind kommt, auf ganz natürlich Weise.

Aber wenn ihr mich fragt: Wir wachsen mit dem ersten Kind ganz besonders.

Das erste Kind beschert Eltern erste Male auf eine besondere Art, weil sie nicht nur dem Kind -und jedem Kind wieder-, sondern auch den Eltern zum ersten Mal passieren. Auch Eltern erleben diese Zeit mit dem ersten Kind als intensive Exklusivzeit. Eine Zeit, in der sich alles, was vorher war, auf den Kopf stellt und sich ein Famlilienleben einstellt. Das erste Mal im Leben. Ein Leben, dass darauf ausgerichtet ist einen kleinen Menschen zu begleiten. Ich kann natürlich nur von uns sprechen: BabyL läuft mit durch den Alltag, den die Große und ich uns über die Jahre aufgebaut haben. BabyL verändert unseren Alltag auch, umso mehr, umso älter sie wird, sicher. Aber die Grundstruktur, unser Familienleben ist da, anders als damals, als N geboren wurde. Mit der Großen hat sich mein Alltag völlig verändert. Diesmal sind die Veränderungen kleiner.

Der Familienalltag ist bereits eingespielt.


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Nicht nur solche erste Male, wie das wirklich allererste mal „Mama“ genannt zu werden oder das allererste Schulkind im Haus zu haben, beschert uns N/ wird sie uns bescheren. Auch vor allererste Konflikte und vor allererste Entscheidungen zum Umgang mit Medien, Süßigkeiten, ausgezogenen Jacken im Winter und vielem mehr stellt sie uns.

Man könnte sagen, an N wetzten wir uns die Hörner ab, die auf Kinder noch gar nicht eingestellt waren; und sie wird uns auch als erstes zeigen, wie das mit Teenie sein wird.

Geschwister

Kommt BabyL also auf eine Rennstrecke, die schon ausgiebig getestet wurde? Keine Fehler mehr möglich, alles durchgecheckt, geprüft und alle Informationen aufgespielt?

Schön wär’s.

Zweifelsohne wird BabyL unsere Überzeugungen alle nochmal auf den Prüfstand stellen. Unsere Haltung, ja, die Überzeugung, nicht erziehen zu WOLLEN, die Grundidee, was wir Regulieren und wo wir Selbstbestimmung aushalten KÖNNEN, mehr noch das Wissen, was uns Schwierigkeiten bereitet, was und leichter fällt, sind da. Wir haben Vorstellungen davon, wie es laufen SOLLTE, was auf uns zukommen KÖNNTE. Aber was BabyL daraus macht, und ob freier Süßigkeitezugang bei ihr auch so smooth läuft, wer weiß das schon. Vielleicht werden wir uns noch ganz schön umschauen, wer weiß.

Jedes Kind nimmt eine andere Rolle ein, jedes Kind fordert uns neu

BabyL profitiert davon, dass ich meine unrealistischen Erwartungen schon abgelegt habe. N hat mir gezeigt, dass Kinder nicht „funktionieren“. Ich habe eine ungefähre Vorstellung von der Entwicklung von Kindern – okay, ich setze mich auch freiwillig damit auseinander, weil ich mittlerweile eines sichre gelernt habe: Nur wenn ich mich mit kindlicher Entwicklung befasse, kann ich auch wirklich verstehen, wieso sie tut, was sie tut. Vor N waren Frustrationstoleranz und Emotionales Aufladen Dinge, von denen ich keinen Schimmer hatte. Was für mich mit N mitunter ein langer Weg mit Sackgassen und Eingeständnissen war, wird für ihre kleine Schwester in mancher Hinsicht durchaus Selbstverständlichkeit sein. Vorteil? Nachteil? Mein zweites Kind kommt letztlich in ein Gefüge, das schon zusammengefunden hat, und es wird unsere wohl größte Herausforderung, dass wir uns darin ALLE neu sortieren. Denn unser Baby läuft nicht NUR mit, was so superduper easy klingt; sie bringt es auch durcheinander, was funktioniert hat.

Kinder nehmen in der Familie unterschiedliche Rollen ein, wie Menschen in einem sozialen Gefüge das nun mal tun. Unsere Familie ist eine Kleinstform von Gesellschaft.

Die Wahrscheinlichkeit das Geschwister gleich ticken, positiv wie negativ, dasselbe gut können und dasselbe sie frustriert, ist äußerst gering. Auch Beruhigungsstrategien können völlig anders auf sie wirken. Geschwister unterscheiden sich voneinander, und BabyL wird uns ganz sicher vor altbewährte Herausforderungen anders und vor gänzlich neue Herausforderungen stellen. Mal ganz abgesehen von Geschwisterkonflikten.

Gut also, dass wir in unserer Haltung gefestigt sind, Ideen und Strategien haben, wir müssen uns aber neu bewähren. Wir können jetzt nicht stehen bleiben. Wir entwickeln uns weiter – nicht nur in der Beziehung zu N, auch nochmal in der Beziehung zu BabyL.

Noch ein Gedanke, der mir vor Kurzem kam: Die Entwicklung des ersten Kindes steckt ungewollt einen Rahmen ab; Vorstellungen, wie sie vor dem ersten Kind nicht da waren und von ihr geprägt wurden. Erwartungen, Ideen von denen wir uns lösen müssen, um uns nicht in ein ständiges „aber deine Schwester hat doch, aber deine Schwester konnte doch auch“ zu verrennen. Eine echte Challenge für Eltern, Kinder nicht vergleichend zu bewerten; viel schwieriger zwischen den eigenen Kindern, als zwischen dem eigenen und fremden Kindern. Besonders, wenn es um schwierige Eigenschaften geht.

Ob es jetzt also einfacher wird? Keine Ahnung. Aber anders wird es eben ganz sicher.

Jede*r ein Individuum, oder: Familie ist ein Weg, aus vielen Wegen

Sie haben dieselben Eltern, aber sie wachsen nicht gleich auf. Das ist gar nicht möglich. Denn wir sind gewachsen, werden weiter wachsen, verändern uns als Eltern ständig. Ohne starre Erziehungsmethoden lassen wir uns auf jedes unserer Kinder anders ein.

Unsere große Tochter wird immer besonders für mich sein, meine Erste eben.

BabyL dadurch nicht ein bisschen weniger besonders.

Unser Weg verläuft in derselben Richtung, aber ist nicht derselbe.

Vielleicht gerade deswegen müssen Geschwisterkinder eine eigene Nische einnehmen, und tun das irgendwie ganz automatisch, um nicht im Schatten der Großen zu stehen.

Geschwister und ihre Rollen: Bürde und Ehre Erstgeboren zu sein. sind #Erstgeborene schlechter dran?
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Ganz bestimmt profitieren kleine Geschwisterkinder zwar von der Erfahrung, die Eltern mit dem ersten Kind sammeln – Aber: Jedes Kind für sich geht seinen individuellen Weg, den wir begleiten; fordert uns neu, allein und gemeinsam im Geschwisterteam.

Als Familie wachsen wir miteinander und aneinander. Jeder in seiner*ihrer Rolle.

Ob es nun Bürde oder Ehre ist Erstgeboren zu sein? Beides wohl ein bisschen. Und genauso anstrengend und stolz das zweite, dritte, siebte oder zehnte Kind zu sein.

Was denkt ihr? Welche Vorteile oder Nachteile hat es als erstes oder zweites geboren zu sein? Schreibt mir eure Gedanken dazu gerne in die Kommentare.

|Fiona

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