(Bericht) Die FEBuB Familienkonferenz für Elternschaft, Bindung und Beziehung 2017
Werbung Bericht|
Am 18. und 19. November 2017 fand die FEBuB Familienkonferenz für Elternschaft, Bindung und Beziehung in Bochum an der RuhrUniversität statt.
Eine Familienkonferenz nicht irgendwo, sondern an meiner Uni, bei welcher die wichtigsten und neuesten Erkenntnisse aus Erziehungswissenschaft und Bindungsforschung präsentiert werden?! Klar, dass ich dort unbedingt hin wollte, und dank wundervoll glücklicher Umstände bekam ich dann tatsächlich ganz kurzfristig die Möglichkeit dazu.
Danke Olivia! Danke Kathrin!
Am Samstagmorgen machte ich mich also auf den Weg zur FEBuB. Kathrin empfing mich herzlich. Mit grünem Herzbutton ausgestattet, entdeckte ich einige Gesichter, die ich aus den sozialen Netzwerken kannte.
Die FEBuB war bis auf den letzten Platz ausverkauft, und alle waren gespannt auf die beiden Veranstaltungstage.
Etwas verspätet startete der erste Konferenztag schließlich mit der Begrüßung der beiden Organisatorinnen Ökohippierabenmutter Kathrin und HappybabysBindung Kira.
Ich setzte mich auf den Boden, zu anderen Eltern und ihren Kleinkindern, die spielten. Die Atmosphäre war herrlich ungezwungen. Babys krabbelten, Kinder liefen. Vom ersten Moment an beim Anblick der Kinder, während vorne die Organisatorinnen sprachen, fühlte ich, dass diese Veranstaltung großartig werden würde: Voll Liebe, Achtsamkeit und Bindung, mit inspirierenden Menschen und wertvollem Input.
Was soll ich sagen? Mein Gefühl wurde nicht enttäuscht!
FEBuB 2017: Der erste Konferenztag
Nach der Begrüßung hielt Olivia von Freefamily.rocks eine berührende Eröffnungsrede. Es ging darin, um Verunsicherung, die Eltern viel zu oft spüren, um Gelassenheit und ums Stolzsein auf den eigenen Weg, und nicht zuletzt um die große Verantwortung von Öffentlichkeitsarbeit. Sie gab uns eine wichtige Botschaft mit: Elternsein ist nicht unser Job. Es ist unser Leben.
Im Anschluss hielt Nicola Schmidt vom Artgerecht Projekt den ersten Vortrag des Tages unter dem Slogan Entschleunigtes Familienleben. Was für eine ausdrucksstarke und sympathische Frau! Sie rief dazu auf, Perfektionsansprüche loszulassen, Erwartungen (an sich selbst) und den Drang, alles gut machen zu wollen, aufzulösen, und stattdessen den Mut zu haben, sich (wieder) verletzlich zu zeigen. Eltern müssten um Hilfe bitten können, und achtsam mit sich selbst sein, sagte sie, wenn sie mit ihren Kindern in Beziehung gehen wollen.
Ihre Worte berührten mich sehr, denn gerade zurzeit mache ich mir wieder häufig Stress, denke immer an das Nächste, was ich noch tun müsste. Und daran alles richtig zu machen.
Den zweiten Vortrag des Tages hielt Susanne Mierau von GeborgenWachsen. Ich lese so gerne ihren Blog und freue mich, dass ich sie hier hören durfte. Susanne Mierau sprach über das Gleichgewicht im Familienalltag, und die Notwendigkeit auf Seiten der Kinder – Aber auch auf Seiten der Eltern Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen. Auch sie betonte, dass Eltern sich nicht genieren sollten, Hilfe und Unterstützung einzufordern, und wie wichtig es ist, Stress zu reduzieren. Gönn‘ dir jeden Tag eine gute Sache nur für dich, und schäm dich nicht für deine Bedürfnisse, stand groß auf der Präsentation an die Wand geschlagen .
In der Mittagspause stöberte ich über die Sponsorenmesse.
Ich ließ mich über Miswak Zahnputzhölzer für meine kleine Zahnputzverweigerin beraten, und bekam ein Holz zum Ausprobieren mit.
Am Bindungsträume Stand traf ich Inke Hummel, die ich aus meiner Socialmedia Filterblase schon kannte. Wie toll das war, diese vielen Menschen in Wirklichkeit kennenzulernen.
Rezension| Inke Hummels „mein wunderbares schüchternes Kind“ LESEN
Weiter ging es am Nachmittag mit einem Vortrag von Stefanie Stahl, die auf der FEBuB ihr Problemlösungskonzept aus ihrem Buch Das Kind In Dir Muss Heimat Finden vorstellte. Ich habe schon oft von diesem Buch gehört, es aber bisher nicht gelesen, weil ich geahnt habe, dass es mich sehr aufwühlen würde. Und so war es dann auch im Vortrag. Stefanie Stahl erklärte zunächst, dass für die Entwicklung Bindung und Autonomie gleichermaßen wichtig sind, und wie negative Beeinflussung in der Kindheit jeweils unsere Glaubenssätze festigt, die wir ein Leben lang mit uns tragen, und die häufig Auslöser für Konflikte sind. An einem Beispiel veranschaulichte sie, wie die negativen Glaubenssätze (Trigger) des Schattenkindes in ihren Ursprüngen erkannt werden, und schließlich mit dem Erwachsene Ich bewusst betrachtet werden können.
Diesen Vortrag empfand ich für mich persönlich von allen am wertvollsten, denn auch wenn ich es eigentlich selber weiß, machte er mir nochmal sehr viel mehr bewusst, wie wichtig es ist, am eigenen inneren Kind zu arbeiten, wenn wir mit unseren Kindern achtsam umgehen wollen.
Es ist nicht egal, wie wir geboren werden – Und auch nicht wie wir gebären. Nora Imlaus Vortrag gleich im Anschluss war wohl der mit der größten Leidenschaft. Sie sprach von Geburtserfahrungen, und plädierte wieder und wieder eindrucksvoll dafür, wie wichtig es doch ist, nicht mehr das Überleben von Mutter und Kind als Minimalstandart hinzunehmen, sondern (wieder) dafür zu Sorgen, dass die Geburt ein selbstbestimmtes, ein gutes Erlebnis sein kann, dass nicht mehr von so vielen Müttern als der schlimmste Tag ihres Lebens gesehen werden muss. – Wo es doch der schönste Tag des Lebens sein sollte. Dabei erklärte sie, dass der Fokus einer schönen Geburt nicht NUR auf dem Wohlergehen des Kindes, sondern AUCH auf jenem der Mutter liegen müsse, die eine respektvolle Begleitung verdient. Ebenso verdeutlichte sie die Notwendigkeit, einer liebevollen Nachbereitung von Traumata, denn auch damit werden viele Frauen nach der Geburt alleine gelassen. Die Geburt planen und verstehen, war ihr dabei ein wesentlicher Punkt.
Rezension | Nora Imlaus „mein Familienkompass“ LESEN
So viel Enthusiasmus und Liebe steckte in Imlaus Worten, ich hätte ihr noch Stunden zuhören können. Und das Thema ist so wahnsinnig wichtig!
Ich selber hatte Glück. Ich hatte eine wundervolle, selbstbestimmte Geburtserfahrung in einer Klinik, die mir gleichzeitig die Sicherheit vermitteln konnte, die ICH brauchte. Nicht alle Frauen haben so ein Glück, dabei sollte das auch eigentlich gar kein Glück sein müssen.
André Stern, Komponist, Gitarrenbaumeister und Autor, der selber nie in der Schule war, hielt am Samstagabend zum Schluss seinen wundervollen Vortrag übers Spielen und spielend Lernen. Ich sage euch, dieser Mann ist der Wahnsinn, er hat mich vom ersten bis zum letzten Wort gefesselt: Kinder haben alle Potenziale in sich, Kinder können alles werden, was der Mensch werden kann. Aber Kinder können auch die Meinung ihrer Umwelt (über sie) nicht ändern, sie können nur annehmen für sich hinnehmen, wie andere über sie urteilen. Und während für das Kind alles Spielen Lernen ist, kommen irgendwann WIR und sagen unseren Kinder, dass es Zeit sei, mit dem Spielen aufzuhören und zu lernen, und wir setzen uns damit Automatisch in eine Machtposition, die das Spiel des Kindes abwertet. Dabei braucht es keinen Unterricht, keine Aufforderung zum Lernen, sondern alles was es zum Spielen und Lernen benötigt, bringt es bereits mit: Begeisterung am Leben. Haben wir vertrauen in unsere Kinder, werden sie glücklich, und werden das, was sie sein wollen. Wie wahnsinnig inspirierend!
Wir selber werden vermutlich nicht Freilernen können, aber ich bin mir sicher, es ist erstrebenswert, einem Kind freies Lernen zu ermöglichen.
Das fast so wunderbar den Eindruck zusammen, wie die Kinder zur FEBuB einfach dazugehörten. Als Teil davon.
FEBuB 2017: Der zweite Konferenztag
Der zweite FEBuB Tag begann mit einem Vortrag von Dr. Herbert Renz-Polster über die Artgerechte Erziehung. Renz-Polster knüpfte an, wo André Stern am Vorabend aufhörte: Beim Lernen. Der Mensch sei ein aktiver, kreativer Lerner, der sich stets im Fortschritt bewegt, und so wissen wir Eltern überhaupt nicht, auf welche Zukunft wir unsere Kinder vorbereiten, wir können nur unsere Kinder begleiten auf ihrer Reise eine eigene Lebenskarte zu entwerfen. Dabei fiel wie am Vortag der Fokus auf die Stärkung von Bindung und Autonomie, zwei gegensätzlichen und doch ineinandergreifenden Bedürfnissen, denn sowohl ein hohes Bindungsbedürfnis (Geborgenheit, Sicherheit), als auch der Drang nach Exploration (Selbstwirksamkeit), machen die wesentliche Entwicklung unserer Kinder aus. Kinder, die sich geborgen fühlen, die werden selbstwirksam, erklärte Renz-Polster.
Und wenn wir es als Eltern mal nicht schaffen? Renz-Polster hatte darauf eine MUTmachende Antwort: Es ist okay, wenn ein Faden einreißt. Schön ist, wenn wir wieder anknüpfen können.
Nach der ersten Pause ging es in zwei Sälen parallel mit jeweils zwei unterschiedlichen Vorträgen weiter.
Ich entschied mich (schweren Herzens!) gegen Katja Seide vom Gewünschtesten Wunschkind, und setzete mich stattdessen in den Vortrag von Aida S. de Rordriguez (von Elternmorphose), Gründerin der Unerzogen Apego Schule in Berlin, eine der Personen, die mich zu unerzogen inspirierten. Aida S. de Rodriguez referierte unter dem Titel Strafen Schaden! Beziehungsorientierte Handlungsalternativen, über den Zweck von Strafen in unserer Gesellschaft und deren Folgen. Strafen arbeiten mit Angst, und Angst kann krankmachen! Strafen Problematisieren das Kind und lassen dabei die Ursachen für ein ›Fehlverhalten‹ des Kindes außer Acht. Ein Teufelskreislauf, zu dem Strafennichts beitragen, sondern die Erfüllung der Bedürfnisse auf allen Seiten im Weg stehen und die Beziehung zueinander schädigen.
Stattdessen braucht es nur Liebe.
Zum Schluss des Vortrages benannte Aida S. de Rodriguez diverse Handlungsalternativen. Ganz wichtig: Mit dem Kind kommunizieren. Und: Aus dem Kampfring aussteigen, denn unsere Kinder können das nicht.
Nach der Pause ging es weiter mit zwei parallelen Vorträgen von Lienhard Valentin und Carmen Hercgefi. Ich entscheide mich hier für Ersteren.
Lienhard Valentin sprach über sein Buch Die Kunst, gelassen zu erziehen, und setzte dabei den Fokus auf Achtsamkeit. Achtsamkeit gegenüber dem Kind, aber besonders auch Selbstachtsamkeit. Wir neigen dazu, gut zu anderen zu sein, aber sind meistens hart zu uns selbst. Unser Gehirn neigt zum negativen Denken, und dann ist da auch noch unser inneres Kind, unser Perfektionsanspruch und unser innerer Kritiker, die immer dabei sitzen, während wir durch unsere Welt steuern. Puh. Schenkt den positiven Momenten mehr Aufmerksamkeit, plädierte Lienhard Valentin. Auch betonte er ebenfalls die Wichtigkeit, das Bedürfnis nach Bindung und nach Autonomie beim Kind gleichsam zu stillen. Und lasst zu, dass eure Kinder (und ihr selbst!) ihre Emotionen zeigen, weinen, wüten!
Der letzte Vortrag der FEBuB von Mathias Voelchert packte mich nicht mehr richtig, aber das kann auch daran liegen, dass mein Kopf schon randvoll war. Ich habe gehört, der Parallelvortrag von Cornelia Fröhlich zum Umgang mit Babytränen, soll richtig richtig toll gewesen sein.
Und ich bin mir ziemlich sicher, Voelcherts Vortrag war es auch, aber ich war inzwischen müde und unkonzentriert. Voelchert begann seinen Vortrag damit, zu berichten, dass er sich selbst einst als schlechten Vater empfand. Also dachte er Elternsein um. Kinder nicht manipulieren, auch nicht zum Bediensteten des Kindes zu werden, sondern Orientierung zu geben und achtsame Führung zu übernehmen, betonte er als wichtige Kriterien. Er verdeutlichte, dass WIR die Qualität der Beziehung zu unseren Kindern in der Hand haben, nicht unsere Kinder. Dafür sei es notwendig, Verhalten und Kind zu trennen; zu sagen ‚ich mag DIESES Verhalten gerade nicht, ABER ich mag DICH, wie du bist.‘. Wichtig auch: Das Ideal loszulassen, als Eltern perfekt sein zu müssen-
Und so hieß es zum Wiederholten mal auf der FEBuB: Sei gut zu DIR!
Ein Wochenende voller wertvollen Input und grüner Liebe
Zum Abschied kündigten Kathrin und Kira den Termin für die nächste FEBuB an: Am 16. und 17. November 2019 heißt es wieder grüne Liebe für Alle.
Ich werde auf jeden Fall dabei sein! Und ich freue mich, euch dort vielleicht auch mal zu treffen! Es lohnt sich wirklich.
Mein Mann und meine Tochter holten mich ab. Und wie Kathrins Sohn auf der Bühne während den Abschiedsworten, so lief auch Nana mir strahlend in die Arme, als sie mich sah. – Wenn es jemals Zweifel an unserem Weg gab, ich sage euch, dann sind sie spätestens jetzt alle verschwunden.
Ich kann die FEBuB gar nicht in Worte fassen. Die Eindrücke sind so wundervoll und nachhaltig, und sie haben mich im Herzen tief berührt. Ich bin so unendlich dankbar, diese Chance bekommen zu haben. Der Spirit der FEBuB hat einen Eindruck hinterlassen.
Was ich am schönsten fand?
Die FEBuB hat zwei große Säulen der Beziehungsorientierung vereint: Den Blick aufs Kind, UND den Blick auf und; die Selbstachtsamkeit, die Selbstfürsorge, die Heilung unseres inneren Kindes.
Entgegen vieler Gegenmeinungen, dass gerade Bedürfnis-/Bindungsorientierung zur Selbstaufgabe führen würde, hat die FEBuB gezeigt: NEIN, Es geht hierbei gerade auch um UNS. Um uns Eltern, und nicht nur um unsere Kinder. Soviel mehr noch als in der klassischen Erziehung. Es geht um einen guten Weg in der Familie, um Frieden mit uns selbst. Es geht um so viel mehr, als dem Kind ›alles zu erlauben‹. Genaugenommen, geht es um Letzteres nämlich überhaupt gar nicht.
| Fiona
*Dieser Beitrag ist in Partnerschaft mit der FEBuB 2017 entstanden. Ich durfte die Veranstaltung kostenfrei besuchen. Der Beitrag spiegelt ausschließlich meine Sicht wieder.