Erziehungsfrei | Philosophie

›Kinder Brauchen Grenzen‹ – Fünf erzieherische Ideen und warum sie Unsinn sind

Es kommt mir manchmal vor, wie ein Leben am Seitenrand; ein erfahrungsgeballtes, sich stetig entfaltendes und spannendes Leben, aber eben keines, dass viele andere Eltern teilen wollen. Das ist eigentlich ziemlich schade. Irgendwo sitzt immer jemand, der den Kopf schüttelt oder sich in unsere Problemlösung einzumischen meint. Manchmal fühlt es sich an wie ein Kampf gegen Windmühlen. Ja, es ist ermüdend, ein ums andere Mal dieselben Vorurteile beantworten, dieselben erzieherische Ideen ausdiskutieren zu müssen.

Mit fünf davon möchte ich heute aufräumen

1 – Kinder brauchen Regeln und Grenzen

Ein Kind BRAUCHT aus sich selbst heraus sicher keine Regeln oder Grenzen, auch keine Manieren und Sitte. Echt nicht.

In meinen Augen ist die Behauptung, Kinder BRAUCHEN REGELN, WOLLEN Grenzen erfahren, nichts anderes, als ein sich selbst Gutreden. Eine Rechtfertigung für Erziehung.

Wenn unsere Kinder auf die Welt kommen, leben sie vollkommen bedürfnisgesteuert, die einzige Zeit ihres Lebens völlig befreit von gesellschaftlichen Einflüssen und Normen. Die Erfüllung jener Bedürfnisse, Schlaf, Nahrung, Wärme und Nähe ist für einige Zeit alles, was unsere Kinder benötigen. Irgendwann kommt der Drang nach Spiel und Entdeckung dazu, Exploration.

Regeln und Grenzen entstehen im gesellschaftlichen Zusammenleben. Wir treffen natürlicherweise auf sie an allen Ecken und Enden, wenn wir uns in einer Gemeinschaft bewegen. Was Kinder also wirklich BRAUCHEN, sind nicht Regeln, sondern Mittel mit den bestehenden Regeln und Grenzen, und ihren Emotionen darüber, umzugehen.

Wir werden mit zahllosen Regeln und Grenzen konfrontiert. Dazu gehören natürliche Grenzen, etwa physikalische Gesetzmäßigkeiten, ebenso wie gemachte Regelwerke, die unser soziales Zusammenleben strukturieren sollen. Das betrifft uns genauso wie unsere Kinder. Ein Eis, das in der Sonne schmilzt, wird schmelzen. Wir gehen erst über die Straße, wenn die Ampel grün ist. Das Spielzeug müssen wir bezahlen, damit wir es mit nach Hause nehmen können, was nicht geht, wenn Mama und Papa kein Geld dafür übrig haben. Und Uroma fühlt sich nicht wohl, wenn wir auf der Couch hüpfen.

Es ist grundlegend FALSCH, anzunehmen, dass ein erziehungsfreies Kind regellos und grenzenlos lebt. Geht gar nicht.

Regeln, natürliche und persönliche Grenzen EXISTIEREN nunmal, darüber kann ich mich als Mutter nicht hinwegsetzen. Ein unerzogenes Kind erlebt Frust und Einschränkungen genauso, wie jedes andere Kind.

Es geht nur darum, die ohnehin bestehenden Regeln und Grenzen nicht Willkürlich um gemachte Regeln zu ergänzen, die überhaupt nicht notwendig sind, weil niemand zu Schaden kommt und niemanden es stört (der sich daran zu stören hätte). HIER setzt erziehungsfrei an, und fragt nach: WARUM? Wir richten den Blick nach Innen auf anerzogene Glaubenssätze, die uns dazu verleiten willkürliche Erziehung als natürliche zu betrachten.

Ein simples Beispiel vom örtlichen Spielplatz.

N hat mit Sand geworfen. Sie hat den Sand genommen und mit unterschiedlich viel Schwung von sich weg zurück in den Sandkasten geworfen. Schließlich hörte ich hinter mir ein ›Das macht man nicht. Bringen Sie ihrem Kind das mal bei. Das nennt sich Erziehung‹. – Natürlich hätte ich SOFORT eingegriffen und begleitet, hätte N Sand auf ein anderes Kind geworfen, aber sie stand friedlich fröhlich alleine dort und warf sich den Sand vor die eigenen Füße. Es gibt keine Regel, die sagt ›Wirf keinen Sand vor deine eigenen Füße‹. Trotzdem auf ›das macht man nicht‹ zu bestehen, zu verbieten, ist in diesem Moment nichts anderes als ein Missbrauch der elterlichen Machtposition -Du machst das, einfach weil ich das sage, obwohl es gerade JETZT keinen Grund dafür gibt.

2 – Unerzogene Kinder hören nicht und tanzen dir auf der Nase rum!

Der Klassiker. Meine Lieblingsantwort darauf ›na, Hauptsache sie tanzt!‹

Die Befürchtung, dass mein Kind durch das Fehlen von Erziehung nicht auf mich hören wird, geht von dem erzieherischen Glaubenssatz aus, dass ein Kind überhaupt hören muss. Mal abgesehen von Situationen, in denen die Verantwortung für Sicherheit, Gesundheit und so weiter bei mir liegt, MUSS mein Kind das aber tatsächlich nicht (nur weil sie ein Kind ist…).

So eigenartig das vielleicht klingen mag, aber mir ist es nicht wichtig, dass mein Kind auf mich hört, im Sinne von Befehle befolgt. Ich möchte ein Kind, das hinterfragt, das ihre Bedürfnisse abwägt und mir sagt, wenn sie etwas nicht möchte. Ohne Angst. Mein Kind soll sich in unser Familienleben integrieren, so wie sie ist. Mit ihrem Willen, ihren Vorlieben, ihrer Neugier und ihrem Frust. Sie soll gehört und gesehen werden.

Natürlich ist das anstrengend.

Und ja, natürlich habe ich im Hinterkopf, dass die Empathie, die wir ihr heute entgegenbringen, Empathie ihrerseits später zurückgibt. Aber wenn nicht, dann ist das eben so. Dann werden wir vermutlich streiten, wenn Bedürfnisse kollidieren, aber diese Auseinandersetzungen sind dann nicht geprägt von Strafe, Schimpfen und Machtmissbrauch. Manchmal wird mein Kind ihren Willen bekommen, und manchmal werden unsere elterlichen Bedürfnisse überwiegen. Wir werden versuchen zu Unden, aber manchmal werden Tränen fließen. Alles das gehört dazu.

Erziehungsfrei ist die Befreiung von jedem Erziehungsziel, die Erlaubnis nicht mehr funktionieren zu müssen: MEHR ERFAHREN

Nicht zu erziehen bedeutet keinen Familienalltag in ständiger Harmonie, mit Glitzerkonfetti und Zuckerwatte zu leben, weil das Kind ausnahmslos seinen Willen bekäme. Wir leben hier gleichwürdig. Wir schauen auf UNS. Wir leben ohne Erziehung als Familie. Ich gebe meinem Kind nicht das Zepter in die Hand. -Das ist es doch, was viele Leute fälschlicherweise glauben, wenn sie von nicht Erziehung hören: Das Kind hätte das Sagen.

Das ist aber Unsinn. Und das Vorurteil, solch ein Kind werde zum*zur rücksichtslosen Nasentänzer*in, also völlig aus der Luft gegriffen.

Erziehung ist übrigens auch kein Erfolgsrezept.

Um beim Beispiel Sandwerfen zu bleiben: Während reihenweise Eltern mich also kritisch beäugen, und ihren eigenen sandwerfenden Sprößlingen unter Tränen erst die Schaufel abnehmen, dann den Sand aus den Fingern schütteln und schließlich nach Hause gehen, weil alles das immer noch nicht geholfen hat, frage ich mich, ob sie wirklich von sich glauben, ihre Kinder würde mehr hören, als meines. I mean. Erziehung würde sich damit quasi selbst abschaffen.

Wenige Kinder sind stets brav und pfleglich, unabhängig davon, wie streng, milde oder gar nicht sie erzogen werden. Kinder wollen tanzen.

3 – Das muss das Kind JETZT lernen!

Jetzt. Oder wenigstens vor dem zweiten Geburtstag. Spätestens aber bis zum dritten. Es gibt viele Dinge, die Kinder nach mancher Meinung JETZT lernen müssen. Bevor es zu spät ist. Hänschen und Hans, ihr wisst schon. Oft mit dem Begleitsatz ›Da muss das Kind halt durch‹, falls es unangenehm wird.

Alleine im eignen Zimmer Schlafen zum Beispiel, denn sonst wird dein Kind voraussichtlich noch mit achtzehn bei dir unter der Decke liegen. Oder Essen mit Besteck und ordentlich Sitzen bleiben am Tisch dabei, sonst wird das Geschäftsessen mit den Arbeitskollegen in zwanzig Jahren so richtig peinlich. Auch Bitten, Danken, Winken und Teilen muss Hänschen beherrschen. Alles das soll besser gestern, als morgen, und am besten alles auf einmal gelernt werden, dabei ist meine Tochter gerade beschäftigt genug, ihr Gleichgewicht beim Balancieren zu halten, die Treppen ohne Hilfe zu gehen, zu sprechen und das verflixte Holzpuzzle mit den vier bunten Teilen korrekt zusammenzusetzen. Weil sie es lernen WILL.

Der Mensch ist ein wahnsinnig lernwilliges Lebewesen.

Wir können gar nicht, nicht lernen. Wir beobachten, nehmen wahr, ahmen nach. Aus diesem Antrieb heraus lernt ein Kind so wahnsinnig viel, dass aus dem hilflosen Neugeborenen eine eigenständige Person wird. Ich bin überzeugt, dass ein Kind aus eigenem Antrieb, durch das Beobachten der Umwelt und sozialem Umgang (Vorleben ist hier das Stichwort!), genauso lernt mit Besteck zu essen und Danke zu sagen.

Meine Tochter wirft Müll in den Mülleimer; auch draußen sammelt sie Müll auf (was ironischerweise schon oft mit einem ›So gut erzogen‹ kommentiert wurde). Sie macht das von sich aus. Sie ahmt nach. Sie verabschiedet sich von den Enten und sogar von der Rutsche. Sie verlangt nach einer Gabel, und zum Frühstück, will sie das Toast selber mit der Margarine bestreichen.

Unsere Kinder lernen IMMER. Und beizeiten auch die Dinge, von denen wir uns wünschen, dass sie sie meistern.

Jeden Tag kommen neue Eindrücke, Erkenntnisse oder Fertigkeiten dazu. Das dürfen wir nicht vergessen, wenn wir wieder einmal erwarten, dass sie etwas GANZ BESTIMMTES lernen sollen. Hüpfen und malen lernen, sind vielleicht gerade interessanter als Messer und Gabel. Wir haben überhaupt nicht das Recht andere Prioritäten zu setzen.

Kein Kind muss schlafen lernen! Was das alleine Schlafen angeht, da vertrete ich die klare Meinung, dass es hier nichts zu lernen gibt! Das Bedürfnis nach Nähe ist ein ganz Natürliches. Warum also die Angst, es könnte schaden oder immer so bleiben? Lass los. Genieß das Kuscheln mit deinem Baby, Kleinkind und Schulkind. Irgendwann sind sie groß. Und wenn DU wirklich nachts Ruhe alleine brauchst? Dann ist das auch okay. Aber kommuniziere es so. Begleite dein Kind liebevoll in den Schlaf im eigenen Bett, aber rede deinem Kind und dir nicht ein, ›das müsse es lernen‹. Muss es nicht. Es ist lediglich DEIN Bedürfnis.

4 – Nicht erziehen ist für Faule!

Ein anmaßendes Vorurteil, das eigentlich auch nur zeigt, dass sich mit der Haltung hinter Erziehungsfrei überhaupt nicht auseinandergesetzt wurde.

Nicht zu erziehen ist nicht weniger anstrengend als Erziehung. Ich wage sogar, zu behaupten, dass es kraftraubender sein kann. Nämlich immer dann, wenn Erziehende einen Punkt setzen, Drohen, Schimpfen, nicht erziehende weiter nach einer Lösung suchen. Aber auch das ist nur eine Vermutung. Erziehung stelle ich mir nicht leicht vor.

Wenn N vom Spielplatz noch nicht mit nach Hause will, dann lasse ich sie noch mal rutschen, und noch mal. Das ist nicht immer eine total entspannte Situation. Ich schaue dabei auf die Uhr . Ich erkläre, warum ICH gehen will, überlege mir eine Lösung, mache Vorschläge für den Heimweg, während die andere erziehende Mama neben mir, sich ihr Kind einfach nimmt, es unter Protest in den Buggy schnallt und geht. Manchmal schaue ich ihr glatt etwas wehmütig hinterher. So „einfach“ könnte das ablaufen. Ich könnte mein Kind nehmen, und wäre schon vor einer halben Stunde zuhause gewesen. Aber die Frage ist halt, zu welchem Preis ich das täte.

Ich wundere mich ehrlich über die verdrehte Perspektive, die meine Mühe und Kreativität bei der Lösungsfindung, meine Geduld, meine ständigen Reflexionen und das Überdenken von anerzogenen Mustern mit einem ›die macht es sich leicht, die ist zu faul, ihr Kind richtig zu erziehen‹ belächeln.

Zu glauben, das Leben wäre einfacher, wenn ich nicht erziehe, geht vermutlich mit der ganz falschen Vorstellung einher, dass das Kind einfach alles tun und lassen könne und niemand dafür gerade steht.

Ich empfinde den Verzicht auf Erziehung jeden Tag als Herausforderung.

In erster Linie passiert hier sehr viel Arbeit an sich selbst: Anerzogene Überzeugungen loslassen (was echt anstrengend sein kann!) und eigene Wege zu finden. Wege, die wir selber pflastern müssen, weil sie nicht vorgeebnet sind; weil man es eben nicht „schon immer so gemacht hat“.

erzieherische Ideen

5 – Aber spätestens in der Schule kommt das Kind nicht mehr klar!

Ich stelle mir die Schulzeit meiner Tochter in etwa so vor: Nana wird lernen, sich hin und wieder und häufiger langweilen und darüber ärgern, dass der*die Lehrer*in schon wieder zu viele Hausaufgaben aufgibt. In den Pausen wird sie spielen, im Unterricht mit dem*der Sitznachbar*in Zettelchen tauschen. Manchmal wird sie die Hausaufgaben nicht machen. Eines Tages schwänzen. In manchen Fächern wird sie gut sein und in anderen Nachhilfe brauchen. Ungefähr genauso also, wie die Schulzeit erzogener Kinder auch.

Die Sorge um die Angepasstheit, um die Umgänglichkeit und Leistung des zukünftigen Schulkindes, ist beim unerzogenen Kind genauso hypothetisch wie beim erzogenen Kind. Wer versichert dir, dass dein erzogenes Kind die Hausaufgaben brav machen und im Unterricht leise sein wird? Genau. Niemand.

Wir leben N vor, dass wir nicht dazwischen sprechen, wenn jemand anderes redet. Natürlich bitte ich sie oft zu warten. Sie sieht, dass Papa jeden Morgen pünktlich aufstehen und los zur Arbeit muss. Und falls du es noch nicht wusstest: Ich bin Studentin. Ich mache Hausaufgaben und lerne für Prüfungen.

Davon ab: Kinder leben nicht in Seifenblasen. Unser erziehungsfreier Alltag findet nicht abgeschottet vom Außen statt.

Mein Kind wird nicht auf einen fernen Planeten geworfen, auf dem plötzlich Erziehung herrscht, inklusive Regeln und Forderungen, von denen sie in ihrem Leben noch nie etwas mitbekommen hätte. Ich habe manchmal das Gefühl, dass viele Leute tatsächlich annehmen, dass erziehungsfreie Familien ihre Kinder von der Realität abschotten. Dass sie keine Regeln kennen, keinerlei Erwartungsdruck. Das ist Unsinn.

Und obendrein ist das nahezu Unmöglich.

Nanas Freunde werden sicher nicht alles unerzogene Kinder sein, sie wird erleben, dass jede Familie anders lebt und sich an die Regeln anderer etwa bei Besuchen halten müssen.

Tatsache ist: Es ist unmöglich unsere Kinder von erzieherischen Einflüssen vollständig fernzuhalten. Mit dem Schuleintritt, der an neue Regeln und Verpflichtungen gebunden ist, wird meine Tochter kein unbekanntes Terrain betreten. Jedenfalls nicht unbekannter, als für erzogene Kinder auch.

Und ob mein Kind der*die Klassenclown sein wird, oder doch deines, das werden wir erst wissen, wenn wir beim Elternabend sitzen. —

Mach Platz für Vertrauen: Erzieherische Ideen hinter uns lassen

Fünf Erzieherische Ideen, die Erziehungsfreiheit kritisieren.

Es ist ehrlich ermüdend. Oft zeigt leider bereits schon der Vorwurf, dass sich überhaupt nie mit der unerzogenen Haltung auseinandergesetzt wurde. Erziehungsfreie Elternschaft ist eine innere Haltung, keine Methode. Es geht nicht darum, Kinder machen zu lassen, sondern darum gleichermaßen auf sie UND uns, und unser innere Kind zu schauen, anerzogene Glaubenssätze zu hinterfragen und einen Weg zu gehen, auf dem nicht mehr willkürliche Muster abgespielt, sondern nur noch eigene Werte verfolgt werden. Ein Weg, der es unseren Kindern ermöglicht, sie selbst zu sein und zu bleiben, anstatt erzieherisch geformt zu werden.

Erziehungsfrei ersetzt Gehorsam durch Vertrauen, Drohungen durch Verbindung. Es ist kein Freifahrtschein für Regellosigkeit, Verantwortungslosigkeit, Machen-Lassen, sondern die Einladung ins Miteinander. Es ist deine Chance erzieherische Ideen hinter dir zu lassen!

| Fiona

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36 Gedanken zu „›Kinder Brauchen Grenzen‹ – Fünf erzieherische Ideen und warum sie Unsinn sind

  • Hallo Fiona, ich möchte kurz etwas zur „antiautoritären Erziehung“ sagen. Mir scheint, dass du, wie viele andere Menschen auch, sie mit „laissez-faire“ verwechseln. Interessant dazu ist das (uralte) Buch von Alexander Sutherland Neill über seine Schule Summerhill und seine Haltung zu Erziehung und Autorität. Ihr seid da ganz nah beieinander. „Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung“ ist der Titel.
    Liebe Grüße Monika

    Antwort
  • Anna Piltz

    Theoretisch kann ich dem Ganzen gut folgen, praktisch gestaltet sich das Zusammenleben mit bedürfnisorientierten Kindern manchmal schwierig.. Freunde (und gleichzeitig Nachbarn) erziehen so, leider wird häufig das Bedürnis des 3jährigen Kindes nach Toben/Singen/.. am frühen Morgen (Kind ist offensichtlich ein Morgenmensch) über die Bedürfnisse meiner Familie nach morgendlicher RUhe gestellt. Ebenso ist an unserem Esstisch das haptische Erforschen des Essens mit den Händen alias Rummatschen nicht so gerne gesehen- selbst mein vierjähriger meinte, „der soll nimmer mitessen, weil der alles vollschmiert“. Die Erklärung, dass bei uns am TIsch mit Besteck gegessen werde und das Essen auch nicht auf der Tischplatte verschmiert wird, wurde von den Eltern als EInmischung angesehen…

    Antwort
    • Hallo Anna. Natürlich verstehe ich den Unmut. Es ist immer schwierig, wenn Bedürfnisse kollidieren. Letztendlich würde es nur helfen, achtsam ins Gespräch zu gehen. Hier wird auch oft schon morgens getobt (Besser morgens als nach 22Uhr) und mit Händen Essen wäre auch okay – Ich kann die Freunde da schon nachvollziehen. Das Zusammenleben ist generell ja nicht immer einfach, ob mit Kindern oder Erwachsenen, wie auch immer sie aufgewachsen sind, wenn Einstellungen sich unterscheiden. Alles Liebe xX Fiona

  • Hallo Fiona ,
    wie wundervoll die Argumente und Erklärungen dargestellt sind. Vielen Dank, sowas habe ich gesucht, auch um mich verteidigen zu können:-) . Meine Mutter, die aus einem Entwicklungsland, einer Insel stammt, hat uns 4 Kinder auch unbewusst so liebevoll und ohne unnatürliche Regeln großgezogen wie Du es tust und wir sind alle 4 normale bis ziemlich empathische Erwachsene geworden. Will damit nicht angeben, aber ausdrücken, dass man als Erwachsene sehr gut und verständlich Regeln, Schulwege usw. bestreiten kann:-) . Jedenfalls toller Artikel und Du bist sehr friedlich und taktvoll in der Art und Weise, wie du den ganzen Zurechtweisungen standhälst. Toll ! Mich kostet es zuviel kraft, aber ich bin glücklich dass meine Kinder liebevoll und glücklich sind, und es anderen vielleicht passiv zeigen können 🙂 .
    Liebe ist der einzige Weg. Sogar zu finanziellem Erfolg usw…..
    Weiter so Fiona, Danke !!!!

    Antwort
  • Liebe Fiona,

    ich hab deinen Beitrag gelesen und wollte nicht gehen, ohne dir ein paar Worte da zu lassen :).
    Mich hat das Ganze sehr zum Nachdenken bewegt. Zunächst mal: Ich teile deine Werte vollkommen und ich lebe mit meinen Kindern auch unerzogen. Momentan kigafrei, Ängste habe ich wenige. Das mit der Schule wird schon werden ;), soweit denken wir noch gar nicht, wir leben im Hier und Jetzt. Alles, was du hier geschrieben hast, könnte ich genau so schreiben… „Das Kind muss xyz lernen“ bedeutet in meinen Augen nichts anderes als, das Kind soll jetzt einfach mal tun, was ich sage.
    Angst, dass mir mein Kind jemals auf der Nase rumtanzen wird, hab ich nicht… ^^ vor allem, was soll diese Metapher aussagen? Ich verstehe sie nicht einmal. Meine Kinder haben einen großen Willen sich in die Gemeinschaft einzubringen und tun das, so gut sie eben können.

    Was mich tatsächlich bewegt ist Punkt 4…
    Nicht, weil mich es ernsthaft noch verletzen würde, wenn mir jemand an den Kopf wirft, du bist ja nur faul. Ich weiß ja, dass es anders ist und kann mir die Wertschätzung inzwischen selbst schenken. Und im Punkt eben nicht faul sein, geh ich auch vollkommen mit dir mit, ständige Selbstreflexion, sich selbst hinterfragen, Coachings, Therapien etc. eigene Themen bearbeiten, das ist SAU anstrengend. Du hast mein vollkommenes Mitgefühl. Ich frage mich nur, ob das wirklich so ist? Das Erziehende es einfacher haben? Glaubt der Erziehende tatsächlich daran, dass das schimpfen jetzt mal wieder notwendig war und wenn JA, wie einsam, wie geplagt, wird er sich fühlen, wenn er stets davon ausgeht, dass sein Kind gegen ihn arbeitet? Das sein Kind nicht mit ihm zusammen kooperieren möchte und sich zutiefst darum bemüht zur Gemeinschaft beizutragen? Ich möchte nicht sagen, dass Erziehung in meinen Augen falsch ist. Ganz und gar nicht. Wie gesagt, wir teilen hier die gleichen Werte. Ich frag mich nur, ob der Erziehende nicht unendlich viel Mitgefühl bräuchte. Und vielleicht gerade er?
    Es ist nicht meine Verantwortung und es ist meine moralische Verpflichtung bei entsprechenden Übergriffen mich klar für den Leidtragenden (hier IMMER das Kind) zu positionieren, aber vielleicht gelingt es mir mit entsprechendem Mitgefühl (insofern das die Beziehung zulässt) eine Veränderung zu bewirken? FÜR den kleinen, aber auch für den großen Menschen?
    Ich würde mir wünschen, wenn ich wieder von meiner Haltung abgewichen bin und gerade geschimpft habe, dass jemand kommt, mich in den Arm nimmt und sagt, mensch, komm, ich übernehme erst mal. Ich hab ne Lösung für die Situation. Gönn dir erst mal ne Pause. Und ich glaube, dass wir hier auch zusammen kommen.
    Ich möchte das eher als Zusatz zu diesem Punkt verstanden wissen. Die Verbindung zwischen zwei Menschen besteht meiner Meinung nach immer in der Empathie und im Angenommen sein.
    Ich glaube nicht, dass es der Erziehende leichter hat als derjenige, der unerzogen lebt. Und ich glaube nicht, dass der Unerzogene es leichter hat als der Erziehende. Und ich sehe auch nicht, dass der Erziehende einen glatt gepflasterten Weg geht, ich sehe das innere verletzte Kind im Erzogenen.

    Ich wünsche dir alles Liebe.

    Antwort
    • Vielen Dank für deine Gedanken. Ich empfinde sie als wertvoll und richtig, und freue mich über deine Ergänzung. Beste Grüße, Fiona

  • Vielen Dank Fiona.
    Ich bin aber nicht mit Dir auf einem einzigen Punkt einverstanden: Dass du Dein Kind nicht erziehst. Du erziehst es auf eine wohlwollende, respektvolle und bedürnisorientierte Handlung heraus, ohne Macht auszuüben. Trotzdem hast Du AB- (deiner)-SICHTEN, wie deine Handlungen und Haltung auf Dein Kind wirken sollen. Somit wird dann von Erziehung geredet. Vielleicht klingt diese, für Dich, negativ in Deine Ohren, obwohl sie ganz und gar POSITIV sein kann und sollte. Man kann nicht nicht erziehen, Egal wie, wo, wann man handelt erzieht und wirkt man als Eltern oder als Gesellschaftsmensch. Ist ähnlich wie beim berühmten Paul Watzlawick: Man kann nicht nicht kommunizieren…….
    Danke für Deinen kritischen Blick was Erziehung sein sollte.
    Olga, Mama von zwei „Zwergnasen“ (Fiona 2017) und Studentin in sozial und erzieherischen Wissenschaften

    Antwort
    • Hallo Olga.
      Ich mag dir da tatsächlich gar nicht wiedersprechen♥️
      Erziehung gegen die ich mich wenden, ist ein klar definierter Erziehungsbegriff; nämlich Erziehung als gewaltvolle direkte Manipulation durch erzieherische Maßnahmen. Darüberhinaus gibt es noch einen weiteren Verständnisrahmen, den den du meinst (und der genauso richtig ist). Dem bin ich mir bewusst und deswegen, sehe ich deine Rückmeldung nicht negativ♥️ weißt du, wenn wir kommunizieren, müssen wir uns auf Begriffe und ihre Botschaften einigen, und ich habe mich bewusst für das Unerzogen Vokabular entschieden, weil es deutlich zeigt, wogegen ich mich abgrenzen mag. derzeit denke ich auch vermehrt darüber nach, inwiefern die begriffliche Grenzziehung notwendig ist. Ein spannendes Thema, dass mich auf meinem Weg immer weiter treibt. Erziehung oder Unerzogen. Hauptsache Liebe♥️
      Lieben Gruß und einen schönen ersten Advent, Fiona

    • Madam Schikowski

      Jeder Mensch erzieht sein Kind, sofern er ihm Handlungsempfehlungen ausspricht. Auch wenn es darum geht, das Kind freundlich darauf hinzuweisen, bei der Oma nicht auf der Couch rumzuhüpfen. Auch das ist Erziehung.

      Definition von Erziehung nach Wiki:
      “Unter Erziehung versteht man die pädagogische Einflussnahme auf die Entwicklung und das Verhalten Heranwachsender. Dabei beinhaltet der Begriff sowohl den Prozeß als auch das Resultat dieser Einflußnahme”

      Manipulation, Belohnung, Bestrafung, Erpressung etc. sind Methoden, die von einigen Menschen bei der Erziehung angewandt werden. Aber sie beschreiben nicht die Erziehung an sich. Erziehung ist zumeist eine kommunikative Einflussnahme auf das Verhalten der Kinder.

      Selbst wenn ich zu meinem Kind sage: „Bitte stelle Dich an der Schlange beim Eisladen hinten an und drängel nicht vor“, ist das Erziehung.

      Liebe Grüße

    • Für mich fällt, was du beschreibst unter Begleitung. Erziehung ist die gewaltvolle Formung ohne Alternativen jenseits der elterlichen Vorstellung. Erklärung, Achtsamkeit und Begleitung steht Bestrafungen und Drohungen gegenüber. Interessant wird es ja erst beim „Fehl“Verhalten. Angenommen mein Kind mag sich im von dir genannten Beispiel nicht anstellen.. WIE kommuniziere ich dann? Achtsam und ruhig? Begleite ich die entstehende Wut mit Verständnis? Oder bestrafe ich das Verhalten? Nehme ich mein Kind in den Arm, Sage ich „Ich weiß, du magst schnell dein Eis haben. Ich will mich nicht (mit dir) vordrängeln. Wir stellen und hier an. Das ist mir wichtig. Wie können wir uns die Zeit vertreiben, die wir warten?“ Halte ich die Wut aus und begleite sie ruhig und bestimt? oder „Stell dich hier jetzt an, sonst gibt es überhaupt kein Eis! Hörst du wohl auf mit de Geschrei! Na, das hast du jetzt davon“ Gerate ich in einen Machtkampf? – Ich glaube tatsächlich, dass der Unterscheid aus (einer liebevollen/bindungsorientierten)Erziehungssicht nur sehr sehr schwierig nachvollziehbar ist. Teilweise berühren sich Erziehung und Erziehungsfreiheit auch, wenn die Erziehung nicht klassisch passiert. Aus Erziehungsfreier Sicht ist die Unterscheidung klarer. Das hat viel mit der Haltung dem Perspektivwechsel zu tun. Ich kann deine Kritik also nachvollziehen 🙂 Liebe Grüße, Fiona.

  • Ich denke, das wichtigste ist, das wir unsere Kinder so erziehen, dass sie keine Angst vor uns Eltern haben! Ein liebevolles, verständnisvolles Miteinander ist für uns das Wichtigste.

    Antwort
  • Ich würde oftmals gerne weniger erziehen, aber gerade mit Kind 2 ist der unterzogen Umgang mit Kind 1 oft sehr schwierig. Zb wenn ich nach Hause will um Kind 2 zu stillen. Draußen ist mir um diese Jahreszeit zu kalt. Außerdem wickeln wir gerade wegen Wunde Polizei bis zu 3x zwischen den Stillmahlzeiten.
    Oder das Bedürfnis abends abwechseln im 5min Takt Mama oder Papa zu brauchen um einzuschlafen. Nur ist meist der andere dabei Kind 2 zum Einschlafen zu begleiten. Und wenn mal einer abends weg muss dann sind Wutanfälle vorprogrammiert.
    Deshalb kommt mir derzeit oft der Gedanke. Mehr Erziehung würde es gerade einfacher für Geschwisterchen und uns Eltern machen.

    Antwort
  • Jessica Uhl

    Danke Fiona für deine ausführliche Antwort. Lieben Gruß

    Antwort
  • Jessica Uhl

    kurzer Nachtrag: durch die Vermutung des Papas komme ich natürlich auch in’s Grübeln ob ich zu locker bin. Und wenn dann doch was passiert…Marius ist übrigens 1 J. und 5 Monate und sehr sportlich ?

    Antwort
  • Jessica Uhl

    Kannst du vielleicht Literatur empfehlen? Mir fällt es besonders bei „gefährlichen“ Situationen schwer von Erziehung wegzugehen…Beispiel: Papa von meinem Sohn sieht ihn auf eine offene Truhe klettern, am Bett festhaltend. Papa fordert Kind auf dort runterzukommen, sonst würde er sich weh tun… Ein Knoten entwickelt sich in meinem Hals, denn ich denke durch eine Prophezeiung und die Unsicherheit des Papas kann es überhaupt erst noch eher zu einem Abrutschen kommen und ich finde es auch unangenehm, dem Kind nicht zuzutrauen, dass es sich festhält ohne ab der Kante der Truhe abzurutschen. Wie würdest du mit der Situation umgehen und wie kann ich unterschiedliche Meinungen gut zusammenbringen? Habe meinem Sohn kurz erklärt, dass er auch gerne mit dem Ball spielen kann und der Papa kein gutes Gefühl dabei hat ihn auf der Truhe rumhampeln zu sehen. Allerdings habe ich vorab zu seinem Papa geäußert: „Du schränkst ihn ein. Du ziehst ihm eine Grenze.“ Natürlich auch nicht nett… Wie kommuniziere ich vor meinem Kind bei unterschiedlichen Meinungen? Oder tue ich das gar nicht und spreche ohne seinem Beisein über die Situation? Und noch ein Anliegen: Marius bedrängt oft unseren Hund, zieht auch an den Ohren und Lefzen zum Beispiel, ebenso die Beinchen sind interessant obwohl wir es nicht vorleben. Egal wie oft ich ihm erkläre, dass der Hund das nicht mag und ich es nicht möchte und egal, dass er schon von ihr gebissen wurde…manchmal hört er einfach nicht auf, auch nicht mit Ablenkung und ich habe Angst, dass es wieder dazu kommen könnte.
    Vielen Dank im Voraus und Danke für dein Engagement

    Antwort
    • Hallo Jessica
      Bei echten Gefahrensituationen, also zb einer befahrenen Straße, greife ich sofort ein. Dort geht Schutz vor. In potenziellen Gefahrensituationen bleibe ich in Bereitschaft, schaue genau hin, greife ein, wenn es mir zu heikel wird. In der konkreten ‚Truhe‘ Situation, hätte ich mich so zum Kind gestellt, dass ich es abfangen kann, sollte es fallen. Hätte es aber klettern/erkunden lassen (sofern natürlich nichts weiteres neben der Angst des Sturzes dagegen spricht). Ich hätte wohl sowas gesagt wie ‚vorsichtig‘, aber wäre ansonsten eben nur in Eingriffshaltung bei echter Gefahr geblieben. Beim eventuellen Abrutschen halten und dem Kind erklären ’schau, das ist gefährlich‘, umlenken auf andere Beschäftigung, oder das Kind unterstützen ‚es is mir lieber, ich halte dich fest, wenn du dort rauf klettern willst‘. – was die unterschiedlichen Meinungen zwischen den Eltern angeht: ich bin der Meinung, wenn wir authentisch sein wollen, dann gehört es auch dazu, dass das Kind merkt, dass wir unterschiedliche Meinungen haben und das ist auch okay. Heißt ja nicht, dass gleich gestritten werden muss. Aber ich sage meinem Mann auch, wenn ich eine andere Lösung sehe. Das ist mMn voll okay. Könnt ihr natürlich auch hinterher unter vier Augen klären. IHR müsst euch wohlfühlen damit. ICH finde ‚hinterher besprechen‘ zu abstrakt für die eigene Wahrnehmung, zu spät für gute Umsetzung, zu unauthentisch in der konkreten Situation von mindestens einem Elternteil – aber das ist MEIN empfinden. – zum Hund: Das Tier schützen! Euer Kind findet den Hund natürlich total interessant. Der sieht ja ganz anders aus, hat kuscheliges Fell und warum läuft der auf vier Beinen? Völlig verständlich der Forscherdrang, aber das Tier braucht euren Schutz. Ich würde hier nichtmals zu Ablenkung greifen, in dem Sinne, um das Kind aus der Situation raus zu führen. ich würde hier dem Kind ein klares Stop setzen und ggf. Frust begleiten. Wir haben auch einen Hund in der Familie. ‚Bedrängt‘ meine Tochter ihn, hole ich sie vom Hund weg, erkläre ihr, dass der Hund das nicht will, dass der Hund seine Ruhe haben mag, dem Hund das weh tut. Immer wieder. Erst danach lenke ich auf Beschäftigungen um. Das ‚Stop‘ signalisiere ich an dieser Stelle aber ganz klar. – Literatur: Ich kann dir sehr die Blogs ‚unerzogen leben‘, ‚herzensglückskind‘ und ‚das gewünschteste Wunschkind‘ ans Herz legen. Letzterer hat auch ein Buch veröffentlicht. Außerdem ist Jesper Juul lesenswert, da bin ich aber selber noch nicht eingelesen.
      liebe Grüße, Fiona

  • Jessica Uhl

    Dein letzter Kommentar macht mir besonders Mut und erzeugt totalen Frieden in meinem Herzen. Lieben Dank und lieben Gruß, Jessi

    Antwort
  • Entschuldige, aber diese Sicht ist wirklich sehr einseitig. Ich denke, du hast eine noch sehr junge Tochter, deren Handlungen an sich noch eingeschränkt sind.
    Ich finde es schön, wenn man vom Kinde aus denkt. Dennoch kenne ich als Kindergärtnerin die Folgen einer zu freien Erziehung. Diese Kinder sind nicht in der Lage zuzuschauen und zurückzustecken. Sie sind es gewöhnt, dann das zu tun was sie wollen wenn sie Lust haben.
    Wir müssen einfach akzeptieren, dass wir in einer Gesellschaft Leben und uns hier einordnen und zum Teil unterordnen. Wir profitieren ja auch von den Vorteilen. Ich denke, eine solche Erziehung geht zu Lasten anderer Familien, vor allem Kindern. Ein solches Leben kann man als Aussteiger anstreben, dann ist man kein Teil der Gesellschaft.
    Ganz konkret: wie stellst du dir eine Kindergartengruppe mit ca 20 Kindern vor, die alle alles ausprobieren wollen ohne dabei gestört zu werden?
    Dein Kind wird es mühsam erlernen müssen sich einzugliedern. Ob du ihr damit einen Gefallen tust? Auf mich wirkt es, als würdest du deine Erziehungsaufgabe an andere abschieben.
    Mit freundlichen Grüsse
    Christine

    Antwort
    • Danke für deine ehrlichen Worte. Ich teile deine Bedenken nicht. – Eine Gruppe mit Kindern, die alles ausprobieren wollen (und das wollen Kinder immer, egal ob erzogen oder nicht – die Frage ist, ob sie es dürfen. Niemand sagt, dass mein Kind im Kindergarten, wenn es denn in den Kindergarten geht, keine Regeln befolgen würde. Mein Kind rennt auch nicht auf die Straße und ein ‚da fahren Autos, warte‘ reicht völlig aus.) stelle ich mir lebhaft, wunderbar und sicher auch anstrengend vor. Soziale Eingliederung passiert durch Nachahmung, Beobachtung, Lernen und Spiel. Erziehung ist dazu nicht notwendig. Erziehung ist Gewalt, nimmt Individualität, formt ungerechtfertigt und schadet. Erzieherischer ‚Erfolg‘ sind verängstigte, verbitterte, resignierte Kinder. Es geht auch ohne. Es geht anders. Der Verzicht von Erziehung bedeutet den Verzicht auf Gewalt, nicht auf Verantwortung, Begleitung, Kommunikation. Lies dich, wenn du magst, gerne näher ein. Aus diesem Blickwinkel bin ICH davon überzeugt, meinem Kind einen Gefallen zu tun. Diese Haltung muss aber natürlich niemand folgen, der diese nicht leben mag ❤

    • Liebe Fiona, deine ausführlichen und respektvollen Antworten auf herausfordernde Kommentare beeindrucken mich sehr. Allein das zeigt den Haltungsunterschied so deutlich auf, dass für mich keine weiteren Erklärungen notwendig sind.

    • Ich danke dir von Herzen. Manchmal fühl es sich an, wie der berühmte Kampf gegen Windmühlen. Aber ich werde nicht müde, für die Sache einzustehen, die mir so wichtig ist: Eine behütete, gewaltfreie Kindheit. Liebe Grüße, Fiona

    • Manuela Bialek

      Danke Christine, für deinen Beitrag. Ich habe zwei Enkelkinder, 6 und 2 Jahre, die bedürfnisorientiert groß werden. Ich habe selten so unzufriedene und unglückliche Kinder erlebt und so erschöpfte Eltern. Die Älteste hat so gut wie keine Frustrationstoleranz und hat viel Ärger mit anderen Kindern . Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Die Jüngste ist ausschließlich auf die Mutter fixiert und wenn die nicht präsent ist, dann ist heftige Thermik. Kontaktaufnahme mit anderen Menschen findet nicht statt. Als meine Kinder klein waren (ich habe sie nicht schreien lassen, aber es gab Regeln und ich habe sie nicht alles entscheiden lassen), waren diese Kinder neugierig, auch auf andere Menschen und haben die Welt erforscht. Meine Enkel lassen sich kaum ansprechen, sind gleich am Schreien und bei der Mama. Ich finde das schräg.

    • Hallo Manuela, das tut mir Leid. Die Frage wäre, inwiefern Bedürfnisorientierung als Auslöser gesehen werden kann, wenn es nicht gut läuft. inwiefern etwa bedürfnisorientierung wirklich gelebt wird (ALLE Bedürfnisse! auch die der Eltern nach Selbstfürsorge etwa). Und inwieweit die Kindercharaktere eine Rolle spielen -Manche anhänglicher, andere offener, manche lauter, andere leiser, schüchterner, wieder andere wilder. Erziehungsart erstmal hin oder her. Meine große Tochter ist auch sensibler, als meine Kleine bis dato. Sie stellen uns vor unterschiedliche Herausforderungen. Grüße, Fiona

  • Hallo! Interessant…
    Eine Frage habe ich dazu, wie lange wartest du dann auf dem Spielplatz bis ihr nach Hause geht?
    Ich denke, ich bin irgendwo in der Mitte, was meine Erziehungsansätze angeht. Es ist spannend andere Blickwinkel zu sehen.
    Ich würde deinen „Stil“ nicht Unerzogen nennen. Ich denke, es ist genau dieses Wort, was viele in die Angriffposition bringt. „Es ist ja unerhört, dass Kinder nicht erzogen werden“.
    Ihr erzieht es ja doch in gewissem Sinne nach eurem Vorbild.:-)
    Grüße

    Antwort
    • Hallo Valentina,
      Wie lange wir noch auf dem Spielplatz bleiben kommt ganz darauf an, ob wir zB einen Termin haben, ich noch Essen machen muss oder geschmierte Brote in der Tasche habe. Eine Zeit kann ich dir nicht nennen. Manchmal kommt sie nach zweimal Rutschen mit, manchmal entscheiden wir spontan, dass Papa Pommes holt und wir noch auf der Wiese picknicken. Bisher kam es erst einmal vor, dass ich den Spielplatzbesuch ohne ihre Zustimmung abbrechen musste.
      Zu deinem anderen Punkt. Es ist zuweilen tatsächlich eine Aufhängung an Begriffen. Unerzogen richtet sich gegen einen eindeutig definierten Erziehungsbegriff. Das führt oft zu Missverständnissen und Unmut. Deswegen nenne ich es eigentlich auch lieber Beziehungsorientierung.
      Viele Grüße, Fiona

  • Hallo,
    Für mich nicht nachvollziehbar. Hier werden Dinge vermischt und wieder nur sehr einseitig dargestellt. Was haben Erziehung und kindliche Selbsterfahrung mit einander zu tun? Ja bei uns gibt es Regeln und wenn die Zeit auf dem Spielplatz abgelaufen ist, geht es nach Hause. Natürlich kündige ich das vorher mehrmals an, damit Spiele abgeschlossen werden können. Und ja mein Kind durfte mit den Händen essen, es darf auch Sand und Steine schmeißen, wenn keiner beworfen wird. Dennoch erziehe ich. Ich habe genug Bekannte, welche so frei erzogen wurden….. wie soll ich sagen: Es sind Erwachsene die sich permanent in den Mittelpunkt stellen bzw. Welche es sehr schwer haben Kompromisse einzugehen. Interessant war für mich auch, dass diese Erwachsenen selber eher streng erziehen. Sie fanden das Fehlen von Grenzen in ihrer Kinderheit als sehr unangenehm. Die Eltern vermittelten wohl ein permanentes Gefühl des „Egalsein“. Vor allem in Tenniealter.
    Die Mischung macht es. Ich halte überhaupt nichts von diesen starren erziehungsgebilden. Ach ja, meine Kinder sin 6 und 9 Jahre. Und wir haben immernoch eine Matratze frei in unserem Bett und die Kinder dürfen selbstverständlich nachts zu uns, wenn sie das Bedürfnis haben.

    Antwort
    • Danke für deine Rückmeldung.
      Klingt für mich nach Bedürfnisorientierter Erziehung. Toll, dass ihr damit euren Weg gefunden habt. ?
      Unerzogen richtet sich gegen einen klar definierten Erziehungsbegriff. Das ist schwierig nachvollziehbar, gerade wenn du selber die Haltung nicht hast. Das weiß ich. Und das ist auch voll okay.
      Mir geht es ja nicht darum, die Welt zu bekehren. Es gibt viele Wege und wichtig ist nur, dass es unsere Kinder gut haben.
      Ich möchte eigentlich nur aufklären, Offenheit und Akzeptanz für Erziehungsfreiheit fördern. Vorurteile bekämpfen. Zeigen, dass es anders gehen kann -wenn wir dazu bereit sind. Aber diese Entscheidung trifft jeder am Ende für sich.
      Grüße, Fiona

    • Und was mir noch wichtig ist zu erwähnen: Ich kann natürlich immer nur einen Ausschnitt unserer Welt beschreiben. Meine Beispiele berufen sich auf ausgewählte eigene Erfahrungen. Die Welt ist nicht schwarz weiß, das weiß ich. Ein Beitrag gestaltet sich aber natürlich aussagekräftiger mit der Gegenüberstellung von eindeutigen Beispielen. Bedürfnisorientierte Erziehung changiert mMn zB in der Mitte. Darüber werde ich auch sicher beizeiten schreiben. Aber es geht nicht alles in einem Beitrag. Ich hoffe auf Verständnis ❤

    • Mal ganz dumm gefragt: bedürfnisorientierte Erziehung und unerzogen waren für mich bisher immer dasselbe. Ist es aber gar nicht, oder?

    • Nein ist es nicht. Bedürfnisorientierte Erziehung liegt dazwischen, ist eine Methode, die keinesfalls Erziehung an sich als Handhabung ablehnt. Die meisten finden über die Bedürfnisorientierte Erziehung zu Unerzogen, aber es steht keinesfalls in einem direkten Zusammenhang. Liebe Grüße 🙂

    • Hast du irgendwo Literatur darüber, was da die Unterschiede sind?
      Irgendwie erschließt sich mir das nicht. ?

    • So auf sie schnelle nicht. Ich habe gerade mal schnell Google bemüht aber auf die schnelle keinen Blog gefunden, der darüber schon einschlägig geschrieben hat. Kommt auf jeden Fall auf meine Liste. In unerzogen Gruppierungen wird die Frage häufig diskutiert. Die Sache ist die, dass Bedürfnisorientierte Erziehung, Erziehung ja schon nicht ausschließt. Hier geht es darum auf die Bedürfnisse des Kindes zu schauen, Essen/Schlafen/Nähe/Bewegungsdrang etcpp, dennoch findet aber Erziehung statt – unerzogen geht praktisch einen Schritt weiter, macht sich von jeglicher Erziehung frei, auch über die reinen Bedürfnisse des Kindes hinaus, also auch davon ein Kind zum Bitte und Danke sagen anzuhalten zB. -vielleicht hilft dir diese Erklärung ein wenig weiter. Ich werde mich bemühen, bald mal einschlägiger dazu zu schreiben ❤

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